Ende März 2020 habe ich in meinem Familien- und Freundeskreis gesagt, dass ich nicht weiß, was gerade passiert. Aber ich weiß, dass das, was passiert, sehr komisch ist und viele Fragen aufwirft. Die plötzliche Dynamik in der Corona-Politik war für mich nicht erklärbar. Damals konnte ich nicht ahnen, was in den nächsten Monaten und Jahren noch alles auf die Welt, auf Deutschland, auf Hamburg und auf mich zukommen wird. Ich war da immer noch in dem Glauben, in einem freien und demokratischen Rechtsstaat zu leben. Meine Zweifel an vielen Maßnahmen während der ganzen Zeit blieben. Die Recherchen, die ich gemacht hatte, haben mich zu keinem Zeitpunkt davon überzeugt, dass die Politik sich mit ihrem Vorgehen auf dem Boden unserer Verfassung bewegt. Meine persönliche Verfassung wechselte immer zwischen Fassungslosigkeit, Wut, Unverständnis, Trauer, Tatendrang und Resignation. Am Ende blieb genau die. Aus mir als stets politisch interessierten Menschen war jemand geworden, der sein Land verloren hat. Deutschland hat sich während der Corona-Zeit von einer Seite präsentiert, die ich nicht für möglich gehalten hätte.
Und nun haben wir 2024 – vier Jahre sind seit dem vergangen. Vier Jahre in denen sich Deutschland irreversibel verändert hat. Viele der Maßnahmen aus der Corona-Zeit wurden inzwischen von Gerichten als verfassungswidrig beschieden. Vielleicht hilft das dem einen oder anderen und gibt ihm ein Gefühl der Genugtuung. Die Wunde, dass in Deutschland so agiert werden konnte, bleibt.
Der bisher größte Knall in der Aufarbeitung dürfte sein, dass die Protokolle des RKI-Krisenstabs nun veröffentlicht wurden, nachdem Journalisten auf Freigabe geklagt haben. In den Protokollen gibt es noch geschwärzte Stellen, aber auch ohne diese Textpassagen lesen zu können, sind die Inhalte ein Desaster für die Verantwortlichen.
Alle Maßnahmen und Verordnungen, die Menschen mit erheblichen Restriktionen konfrontiert haben, die Kinder zu Hause eingesperrt haben, ohne Möglichkeit mit Freunden zu spielen, die alte Menschen einsam in Alten- und Pflegeheimen haben sterben lassen, basierten offiziell auf den Zahlen und der Risikoeinschätzung des RKI. Bereits damals gab es nicht selten einen Widerspruch zwischen den RKI-Aussagen in den Pressekonferenzen und den öffentlich verfügbaren Zahlen (siehe zum Beispiel meinen Beitrag zum Kennzahlen-Chaos (Link). Durch die nun veröffentlichten Protokolle ist klar: für die Risikobewertung gab es keine Grundlage. „Die Hochstufung erfolgte abrupt, ohne dokumentierten Diskussions- und Beratungsprozess, auf Anweisung eines ungenannten Akteurs.“ (Quelle: Nordkurier). Der Name dieser Person ist in den Protokollen geschwärzt. Wer in gut 15 Minuten eine Zusammenfassung aus den Protokollen hören möchte, dem empfehle ich den Beitrag von Radio München: „Es soll hochskaliert werden“
Was bleibt am Ende? Für mich die Erkenntnis, dass ich mich auf mein Gefühl verlassen kann. Ein Gefühl, dass mich motiviert hat, ab März/April 2020 Fragen zu stellen und Antworten zu suchen. Ein Gefühl, dass dann mehr und mehr zu einer Gewissheit wurde, dass etwas „schief läuft“. Und die Erfahrung, dass auch starker Gegenwind, der ohne Argumente und Logik mich zu etwas zwingen will, keinen Erfolg hat. Ich habe stets die Diskussion mit Anderen gesucht und meine Haltung immer wieder hinterfragt. Widerlegen konnte meine Argumente niemand. Ich habe aus der Vergangenheit gelernt und mich in den letzten Jahren nicht von der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entfernt. Und diese Erkenntnis ist das Wertvollste, was ich aus der Corona-Zeit mitnehmen kann.